Die inklusive Entwicklung von Kitas fördern: Der Modellversuch Inklusion (MoVe In) in Baden-Württemberg

 

„Das Unterstützungssystem MoVe In wird als Hilfestellung wahrgenommen und als Unterstützung für alle Kinder angeboten. Durch die Auseinandersetzung mit pädagogischen Strategien und bestehenden Anforderungen entwickelte sich der Blick weg von den Grenzen (Rahmenbedingungen) hin zur Erkenntnis eigener Handlungsmöglichkeiten.“

                    O-Ton einer Kita-Leitung einer teilnehmenden Modellversuchs-Kita
 

Im Jahr 2020 hat sich das Land Baden-Württemberg trägerübergreifend für die Unterstützung von Inklusion in Kindertageseinrichtungen ausgesprochen und den vierjährigen Modellversuch Inklusion (MoVe In, 2020-2024) ins Leben gerufen. Die Erstellung des Konzepts wurde durch das Kultusministerium Baden-Württemberg beauftragt und im Anschluss durch das Forum Frühkindliche Bildung (FFB) entwickelt, erprobt und evaluiert.

Angelegt ist der Versuch als teambezogenes Unterstützungssystem für Kindertageseinrichtungen und die Kindertagespflege in Baden-Württemberg. Er richtet sich an Teams, die ihre Einrichtung zu einer inklusiven Kita weiterentwickeln möchten. An acht Modellstandorten arbeitet eine qualitätsbegleitende Person, die koordiniert und vernetzt, mit bis zu vier prozessbegleitenden Fachkräften im mobilen Fachdienst zusammen. Die Prozessbegleitung bietet, angepasst an die individuellen Bedarfe vor Ort, Fachwissen zur Inklusion, Räume zur Reflexion eigener Erfahrungen, Methoden zur differenzierten Wahrnehmung von Situationen und methodisch-didaktisches Wissen an. Ziel ist es dabei die individuelle Handlungskompetenz der Fachkräfte zu erweitern und die Kita-Teams in ihren alltäglichen Herausforderungen mit den Kindern und ihren individuellen Bedürfnissen zu stärken - sei es in inklusiven Spiel- und Lernsituationen, in multiprofessioneller Zusammenarbeit oder in der Vernetzung mit dem Sozialraum. Inklusion wird dann sichtbar, wenn pädagogische Fachkräfte jedem Kind die selbstbestimmte, eigenverantwortliche und gemeinschaftsförderliche Teilhabe in allen Bereichen einer Kita oder Kindertagespflegestelle ermöglichen. Zur vollumfänglichen Teilhabe gehört ebenso die selbstbestimmte Teilgabe. Ein teilgebendes Kind wird von der pädagogischen Fachkraft im Einbringen seiner Interessen, Fähigkeiten und Bedürfnisse in allen Bereichen der Kita unterstützt. Gemeinsam im Kita-Team werden die Hindernisse, welche Teilhabe und Beteiligung in Gedanken, Einstellungen, Räumen, Gebäuden und Interaktionen verhindern, reflektiert und beseitigt.

Eine wissenschaftliche Evaluation des Modellversuchs Inklusion fand begleitend durch das FFB statt. Die Evaluation untersuchte dessen Wirksamkeit in der Stärkung von inklusiver Bildung und Erziehung in der Kita und potentielle Möglichkeiten der Weiterentwicklung. Der im Frühsommer 2023 vorgelegte Zwischenbericht der Evaluation fußt auf den Angaben von 20 Kita-Teams (118 pädagogische Fachkräfte und Leitungen). Die große Mehrheit (87 Prozent) der Fachkräfte und Leitungen sind sehr zufrieden mit der Begleitung durch den MoVe In und würden anderen Kitas die Teilnahme weiterempfehlen. Hinsichtlich der Zielrichtung des Modellversuchs, die auf der Stärkung der Handlungsfähigkeit von Kita-Teams liegt,  zeigt die Evaluation, dass die praxisnahen Impulse zum Themenfeld Inklusion und die begleitete Reflexion im Team besonders geschätzt werden. Die gegenseitige Unterstützung innerhalb der Kita-Teams ist im Laufe der Prozessbegleitung sehr hoch und fördert den Transfer der Handlungsfähigkeit in den Kita-Alltag. Ein essentielles Merkmal des MoVe In ist der Bezug auf die vorhandenen Ressourcen in den Kita-Teams – dies wird sehr positiv wahrgenommen.
 

„Nachhaltige Haltungsänderung eines Kita-Teams über den Prozessverlauf wurde sichtbar, bspw. die Wegentwicklung von diskriminierendem hin zu bedürfnisorientiertem Denken. Ein Kind mit Autismusspektrumstörung wird ganz selbstverständlich aufgenommen und begleitet, was vor dem MoVe In-Prozess für die Kita undenkbar war.“                                 

O-Ton einer teilnehmenden Modellversuchs-Kita
 

Handlungssichere pädagogische Fachkräfte kennen Wege und Strategien im Umgang mit Kindern mit (drohender) Behinderung – so oder ähnlich lautet das Fazit von Kita-Leitungen, die durch den Modellversuch Inklusion begleitet wurden. Mit dem Modellversuch Inklusion wurde ein neues Konzept zur Stärkung der Inklusion in Baden-Württemberg entwickelt. Als teambezogene zusätzliche Unterstützung trägt der MoVe In präventiv dazu bei, zukünftig Ausgrenzung zu verhindern. Mit jedem teilhabenden Kind in Kitas schreitet die gesellschaftliche Verwirklichung von Inklusion einen Schritt weiter voran.

 

Weiterführende Informationen und Literatur zum Thema


Fachstelle Kinderwelten Institut für den Situationsansatz/Fachstelle Kinderwelten (Hrsg.). (2018). Inklusion in der Fortbildungspraxis: Lernprozesse zur vorurteilsbewussten Bildung und Erziehung begleiten. Ein Methodenhandbuch. wamiki

Fröhlich-Gildhoff,K., Rönnau-Böse,M. & Tinius, C. (2020). Herausforderndes Verhalten in Kita und Grundschule (2. Aufl.). Stuttgart. Kohlhammer-Verlag

Hansen, Rüdiger / Knauer, Raingard / Sturzenhecker, Benedikt (2011): Partizipation in Kindertageseinrichtungen. So gelingt Demokratiebildung mit Kindern! Weimar, Berlin: Verlag das netz

Heimlich, U. (2019). Inklusive Pädagogik. W. Kohlhammer.

Prengel, A. (2010). Inklusion in der Frühpädagogik. Bildungstheoretische, empirische und pädagogische Grundlagen. Weiterbildungsinitiative Frühpädagogischer Fachkräfte. WiFF-Expertisen, Band 5. In:  https://www.weiterbildungsinitiative.de/publikationen/detail/inklusion-in-der-fruehpaedagogik

 

Kontakt:

Kathrin Hildebrand
Kathrin.Hildebrand@ffb.kv.bwl.de
Dr. Petra Haas
Petra.Haas@ffb.kv.bwl.de